Geschichte

Aber wegen der Entlassung Meyers und den Folgen der Weltwirtschaftskrise wurde dies nicht mehr realisiert. Mitte der 1930er Jahre wurde das Bauareal in Törten als Teil einer größeren Wohnsiedlung der Junkerswerke im traditionellen Stil bebaut. Doch die ursprüngliche Konzeption schrieb Architekturgeschichte: Für die Ausstellung „Das wachsende Haus“ 1932 in Berlin modifizierte und realisierte Hilberseimer seinen Dessauer Entwurf. Mies van der Rohe griff den Typus auf und realisierte ihn in vergrößerter Fassung im selben Jahr beim Landhaus Lemke. Nach Ende des zweiten Weltkriegs griff das Planungskollektiv um Hans Scharoun die Idee der Mischbebauung wieder auf, doch von der Wohnzelle Friedrichshain an der Stalinallee wurden wieder nur die Laubenganghäuser realisiert. Erst in den 1950er Jahren konnte Hilberseimer gemeinsam mit Mies van der Rohe das Gesamtkonzept einer Mischbebauung in dem legendären Projekt Lafayette Park Detroit umsetzen. Kurz darauf baute sein ehemaliger Schüler Eduard Ludwig Flachbauten für die Interbau im Hansaviertel Berlin nach Hilberseimerschen Prinzipien.

Der Entwurf

Das von Ludwig Hilberseimer entworfene “Wachsende Haus” ist winkelförmig in Nord- Süd Ausrichtung auf einem ca. 250m² großen Grundstück platziert. Das Grundmodul des Hauses, indem sich Bad, Küche, Abstellraum und Wohnzimmer befinden, lässt sich in drei Ausbaustufen ressourcen- und bedarfsabhängig erweitern. In der vollen Ausbaustufe umfasst das Gebäude 85m² und bietet Platz für sechs Personen. Die Ausrichtung der Innenräume sowie die Platzierung der Fenster folgt dem Prinzip der optimalen Belichtung und der Verbindung zum Garten.

Konzept Mischbebbaung Dessau Törten. 1930.

Ludwig Hilberseimer: Das wachsende Haus. 1932.
Ludwig Hilberseimer: Das wachsende Haus. 1932.

Die Struktur des Wachsenden Hauses minimiert den Flächenverbrauch und den Erschließungsaufwand eines kinderfreundlichen, urbanen Wohnens mit Garten. In Verbindung mit den Laubenganghäusern entsteht eine Mischbebauung, die an die unterschiedlichen Wohnbedürfnisse der Bewohner eines sozial gemischten Stadtteils angepasst sind. Die verschiedenen Nutzertypen profitieren dabei voneinander, da eine Verbindung von großzügigen Grünbereichen und urbanen Serviceeinrichtungen entsteht.

Das hier verwendete Konstruktionsmaterial Holz steht entgegen der gewöhnlichen Verbindung des Bauhausstils mit Glas, Stahl und Beton. Das Baumaterial hat aktuell wieder hohe Relevanz gewonnen, da es preiswert wie auch ökologisch ist. Der hohe Grad an Vorfertigung minimiert die Bauzeit und ermöglicht schnell und günstig Wohnraum zu schaffen.

Ein Projekt der Universität Kassel in Kooperation mit constructlab, der Hochschule Anhalt, dem Werkbund Sachsen-Anhalt und der Firma Wilkhahn.